Wackelbrücke

Kolumne: Berg-Tuning

Nachdem das Wanderer-Tuning (siehe diese Kolumne: Wander-Tuning) allgemein akzeptiert und praktiziert wird, suchen sich die Tuning-Freaks neue Betätigungsfelder. Was liegt näher als die bekannten und beliebten Berge zu tunen? Die Kraftwerke Oberhasli KWO haben es mit Triftbahn und Triftbrücke vorgemacht. Spektakuläre Bahn, Adrenalin-Kick-bietende-Hängebrücke ist das noch zu toppen? Ja, von den bekannten Grössenwahnsinnigen auf der anderen Seite des grossen Teiches. Bauen die doch eine runde Glasbrücke an den Rand des Grand-Canyon – den Grand-Canyon-Skywalk. 4’000 Fuss oder für Europäer 1’219 Meter geht es runter zum Fluss Colorado. Muss man gesehen haben. Klar. Sofort mussten die Deutschen das kopieren. An der Alpspitze im Garmisch-Gebiet hängt ein stählernes X – auch mit Glasboden.

Staunen statt Schwitzen

Der Werbetext: “Staunen statt Schwitzen – im Gebiet Garmisch-Classic locken dank der Bergbahnen einfache Wanderungen und Entdeckungstouren ohne mühsamen Aufstieg. Besondere Bergerlebnisse mit unvergesslichen Blicken auf die Zugspitze und ihre Umgebung garantieren die beiden alpinen Highlights: Der Gipfelerlebnisweg und die spektakuläre Aussichtsplattform AlpspiX“. Aha. Staunen statt Schwitzen. Wie wäre es stattdessen mit Staunen und Schwitzen?

So was können wir auch, sagten sich die Innerschweizer auf dem Sattel-Hochstuckli. Und eröffneten im Juli 2010 eine 374 Meter lange Hängebrücke über das Lauitobel. Momentan ist der “Raiffeisen Skywalk”, so der offizielle Name, die längste Fussgängerbrücke ausserhalb Asiens. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis das auch wieder übertroffen wird. 1′050 Personen trägt die Brücke maximal. An der schmalsten Stelle 90cm breit, dass ist wie der unterirdische Hautbahnhof Zürich zu Stosszeiten. Einfach mit Aussicht. Lieber Leser Sie sehen, das “Berg-Tuning” greift um sich und bald hat jede Tourismus-Destination eine Brücke, einen Steg oder eine Aussichtsplattform.

Nasen-Piercing für das Stockhorn

Den Vogel abgeschossen hat aber die Stockhorn-Bahn im Berner Oberland. Da haben die doch im Jahre 2001 zwei Löcher in den Berg gebohrt und als “Augen des Stockhorn” vermarktet. Funktioniert gut, die Touristen strömen in Massen auf den Berg. Nun wollen die Verantwortlichen die Löcher mit einem runden Steg, mit Glasboden, verbinden. Ein Nasenring für das Stockhorn.

Wann baut jemand eine Hängebrücke vom neuen Aussichtsturm auf dem Altberg rüber zur Lägern? Fehlen nur noch die Glaslifte vom Furttal hoch zur Brücke…

In eigener Sache: Während sich dieser Text beim Korrektor zur Fehlersuche befand, schrieb mein Lieblings-Wander-Autor, Thomas Widmer, im Tages-Anzeiger einen süffisanten Artikel zum selben Thema. Aber lesen Sie selbst: Thomas Widmer: Im Frühtau zur Brücke…

Frohes wandern auch ohne Brücken, Stege und Plattformen wünscht Ihr Gregor A. Ambühl