Die Hüttchopf-Gipfelglocke

Hüttchopf: Der Glatzkopf im Tösstal

Der Hüttchopf ist ein Exot im dicht bewaldeten Tösstal. Er ist frei von Bäumen, also kahl wie eine Glatze und bietet genau darum eine perfekte Rundumsicht. Mit 1231 Metern ist er nicht der höchste, aber doch hoch genug für eine Aussicht vom Säntis über den Bodensee bis zum Schwarzwald. Und im Herbst hat der umgebende Wald einen besonderen Zauber.

Region:Zürcher Oberland, Tösstal
Tour Datum:17.10.2017
Wandern Schwierigkeit:T2/T3 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte:» Fischenthal – Tannen – Hüttchopf – Scheidegg – Josenberg – Aa – Wald
Karten:Landeskarte 1:25 000, Blatt 1093 Hörnli und 1113 Ricken; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf:ca. 3 – 4 gemütliche Stunden
Aufstieg:ca. 490 Höhenmeter
Abstieg:ca. 620 Höhenmeter
Für Kinder:Gipfelglocke, Sagenraintobel, Plättliweg
ÖV-Anbindung:SBB Bahnhöfe Fischenthal und Wald

Vergessener Hügel der Kindheit

Der Hüttchopf war, obwohl als Kind oftmals begangen, in Vergessenheit geraten. Doch an einem schönen Tag im Oktober bewanderte ich den »Glatzkopf«, nach vielen Jahren Abstinenz erneut. Gestartet bei der Bahnstation Fischenthal folge ich der Strasse ein kurzes Stück in Richtung Wald. Schon nach kurzer Zeit biegt der Wanderweg links ab und überquert die Bahngleise. Das Stück Strasse kann umgangen werden, indem bereits am Bahnhof die Geleise unterquert werden. Der Wanderweg folgt dem Mühlebach und vereinigt sich beim Weiler Geeren mit meiner Variante. Allerdings verpasst der wandernde ein merkwürdiges Firmenschild.

Feuerwehr, Sanität und Waldbrandmaterial…

…steht in grossen Lettern auf einem Schaufenster an der Strasse. Natürlich werden dort Hilfsmittel gegen Waldbrände verkauft. Aber der erste Gedanke war ein klein wenig sarkastischer. Aber verlassen wir das heimische Unternehmertum und wenden wir uns dem Wandern zu. Ab dem Weiler Geeren steigt der Weg kontinuierlich an. Passiert die einsamen Höfe Langenberg und Tannen und steigt über die Nordflanke zum Hüttchopf auf.

Der Nordgrat und der verschwundene Wald

Der Hüttchopf Nordgrat klingt mächtiger als er ist. Der Wanderweg steigt kontinuierlich, wie eine Rampe an, der Blick schweift über das hügelige Land. Kaum zu glauben, dass hier im ausgehenden 19. Jahrhundert kaum mehr ein Baum stand. Alles wurde abgeholzt und verkauft. Vor der Industrialisierung war diese Gegend eine der ärmsten des Kantons Zürich. Das Holz war eine der wenigen Einnahmequellen. Nur leider waren die Schäden an der Natur gewaltig. Die Töss, auf der anderen Seite des Hüttchopfes zu finden, richtete noch Jahrzehnte lang verheerende Schäden an, weil der wasserspeichernde Wald im Quellgebiet verschwunden war. Erst die Schaffung des kantonalen Forstreviers und die gezielte Aufforstung schuf Abhilfe. Vermutlich waren auch der Hüttchopf und sein Nordgrat einst bewaldet.

Die Gipfelglocke

Beim Aufstieg erklingt immer wieder der Klang einer Glocke. Das ist keine Kirche, das ist der Klang der Gipfelglocke. Andere Berge tragen Kreuze oder Triangulationspyramiden, der Hüttchopf tragt eine Glocke und Bänke. Perfekt für eine Rast. Der Blick schweift in die Ferne, man geniesst die Ruhe und Stille.

Gut, das mit der Ruhe und Stille ist nicht immer gegeben. Als ich oben war, waren gleich drei kinderreiche Familien auch da. Und Kinder geniessen die Aussicht selten ruhig. Doch die Fröhlichkeit des Jungvolks steckt an und Kinderlachen, so sagt man, sei eines der schönsten Lachen überhaupt.

Abstieg über den Grenzpunkt

Vom Gipfel führen etliche Wege zu Tale. ich will weiter nach Wald und folge der Beschilderung. Vorbei an der bekannten Alpwirtschaft Scheidegg führt der Weg durch den Wald abwärts. Mitten im Wald überschreite ich einen Grenzpunkt, einen markanten Quader mit derselben Inschrift. Wofür der Grenzpunkt wohl steht entzieht sich meiner Kenntnis. Ist nicht angeschrieben. Vermutlich eine Gemeinde oder Forstgrenze, wahrscheinlich gibt es diese Steine irgendwo en gros zu kaufen.

Die Qual der Wahl

Ab Scheidegg führen viele Wege nach Wald. Man könnte den Abstieg zur Wolfsgrueb in Angriff nehmen und vor dort dem Schmittenbach-Tobel oder auch Sagenrain-Tobel folgen. Soll eine sehr reizvolle Variante sein, nehme ich mir für den nächsten Hüttchopf-Gipfelsturm vor.

Heute wähle ich den Abstieg über den Josenberg nach Aa und steige erst dort ins Tobel ein. Das bringt etwas mehr an wärmender Herbstsonne, vor dem schattigen Tobel, mit sich. Im Tobel folgt der Weg dem Bach, stetig geht es auf und ab, über Brücken und Stege wird dann und wann die Seite gewechselt. Langweilig wird es da nie.

Der Plattenweg, musikalisch wie eine Schallplatte

Mitten im Wald steht ein Häuschen und der Weg gabelt sich. Beide Wege führen nach Wald, der weiter dem Tobel folgende ist landschaftlich reizvoller, der andere spannender. Ich folge dem Plattenweg. Der Plattenweg ist kein eigentlicher Weg, sondern ein Wasserkanal. Einst diente er der Industrie in Wald, heute ist er ein Relikt aus längst vergangenen Tagen.

Der Gang über den Plattenweg ist ein akustisches Erlebnis. Bei jedem Tritt erklingt ein Ton, immer wieder anders. Einzigartig. Nach 800 Metern endet der Weg an einem Weiher. Das hier gespeicherte Wasser trieb einst eine Turbine in der Fabrik, weiter unten im Tal an. Fabrik und Turbine sind aber schon länger stillgelegt, am Ensemble vorbei geht es weiter, bis zum Bahnhof von Wald.

Links:

Fotos der Wanderung