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Kolumne: Wander-Tuning

Tuning? Das gibt es doch nur in der Motorenwelt. Motorräder und Autos werden getunt, gepimpt, gestylt und wie die Fachausdrücke sonst noch alle heissen. Veredelt, verändert und so nicht mehr dem Typ “ab Stange” entsprechend geändert. Mehr Leistung, eigentlich die Urform des Tunings, ist heute zweitranging und bei unseren geltenden Tempolimiten auch nicht notwendig. Heute spielt es keine Rolle, ob das geliebte Fortbewegungsmittel noch zwei, drei PS mehr hat – zu Zeiten des VW Käfers war das noch anders. Mehr PS brachten das gewisse Etwas am Gotthardpass. Da durfte der zweite Gang länger eingelegt bleiben.

Wander-Tuning ist Realität

Vergangenheit. Geschichte. Vergangenheit ist Gottlob auch das Klischee vom Wanderer mit roten Socken und Knickerbockern. Heute wandert man komfortabel in schweissabsorbierenden und Feuchtigkeit-nach-aussen-transportierenden Socken, trägt Hosen mit mehr Funktionen als die erste Natel-D-Generation. Und von der trendigen Softschell-Jacke möchte ich gar nicht erst anfangen. Der Wander-Rucksack von heute hat ein IPod-Dock, Kopfhöhrer-Ausgang und integrierte Wasserflaschen mit direkter Schlauch-Verbindung zum Mund. Pausen unnötig. Das Lachgas, Verzeihung isotonische Getränk, wird direkt eingespritzt. Merken Sie es auch? Das Wander-Tuning ist schon da. Es ist trend und ziemlich normal.

08/15-Wanderer aufgemotzt

Das Resultat könnte wie folgt aussehen: Nehmen wir einen 08/15-Wanderer – weiblich oder männlich spielt keine Rolle und “tunen” ihn entsprechend. Ovale Wanderstöcke aus Karbon, natürlich die matt-schwarz lackierten mit den extravaganten roten Streifen. Dazu kombiniert die trendige quietsch-fiedel-gelbe Outdoorjacke aus dem Outdoor-Shop um die Ecke. Natürlich nur die mit dem riesigen, orangen Marken-Logo vorne links. Die Jacke mit dem grossen Logo auf dem Rücken kann vernachlässigt werden, das angesagte Logo sieht man unter dem hochmodernen, im Weltraum getesteten Rucksack ohnehin nicht. Nicht zu vergessen die Schuhe. Gore-Tex ist Pflicht, bereit für Steigeissen müssen die Dinger sowieso sein. Es könnte ja sein, dass man sprichwörtlich irgendwann mal dazu kommt… Um dies zu umgehen, benötigen wir natürlich ein Navigationsgerät mit 1:25′000er Topo-Karte. Das iPhone kann das auch schon, aber das hat ja jeder. Und man will ja nicht “ab Stange” sein – Tuning eben.

In diesem Sinne, wünscht Ihr Gregor A. Ambühl frohes Tunen.