Der zu erklimmende Gipfel - Aussichtsturm Petersboden

Bülach – Eglisau: einsame Weiler und ein Aussichtsturm

Diese kleine, aber feine Wanderung ist ideal, um die neue Wandersaison einzulaufen. Perfekt für einen schönen Sonntagnachmittag, einziger Nachteil ist der hohe Anteil an Asphaltstrecken. Zu jeder Jahreszeit machbar, am schönsten aber im Vorfrühling. Wenn die Bäume noch kein Laub haben und den Blick in die Ferne nicht mit Blattgrün versperren.


Region: Zürcher Unterland
Tour Datum: 04.03.2012
Wandern Schwierigkeit: T1 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte: » Bülach – Nussbaumen – Petersboden – Tössriedern – Eglisau
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1071 Bülach; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 2 – 3 Stunden Genuss
Aufstieg: ca. 120 Höhenmeter
Abstieg: ca. 150 Höhenmeter
Für Kinder: Aussichtsturm, Badeplatz Tössegg (Sommer), Rheinbadi Eglisau (Sommer)
Restaurants: Tössegg, diverse in Eglisau
ÖV-Anbindung: SBB-Bahnhöfe Bülach und Eglisau

Bülach: geschichtsträchtige Stadt

Ausgangspunkt der Wanderung ist Bülach. Das Städtchen, verkehrstechnisch schon seit Jahrhunderten an der wichtigen Achse Zürich-Schaffhausen-Stuttgart gelegen, wirkt heute verschlafen. Der einstige Standort bekannter Industriefirmen wie Vetropack (Bülach-Glas), Sulzer Bülach-Guss und Landert Maschinen scheint in den letzten Jahren zur reinen Schlafstadt zu mutieren. Die meisten Grossindustriebetriebe sind geschlossen. Wohnen in Bülach, arbeiten anderswo. Mitschuld daran trägt auch der Erfolg der S-Bahn, denn Bülach ist ein Bahn-Knotenpunkt. Von hier aus fahren die Züge nach Zürich, Schaffhausen. Winterthur und Waldshut. Alle grossen Zentren sind direkt erreichbar. Der Mensch pendelt zur Arbeit, er wohnt nicht mehr dort, wo er arbeitet. Aber das ist eine andere Geschichte und soll hier nicht erzählt werden.

Die Wanderung startet gleich am Bahnhof und folgt den gelben Wegweisern nach Nussbaumen / Tössegg / Eglisau. Wer Zeit hat, sollte zuerst einen kleinen Stadtrundgang unternehmen. Vom Bahnhof aus einfach der Haupt- beziehungsweise Bahnhofstrasse folgen, und man erreicht die sehenswerte Altstadt innert weniger Minuten.

Landert Motorenwerk und Wohnquartiere

Vorbei an der alten Fabrik der Landert Motoren AG steigt der Weg durch typische Agglomerations-Wohnquartiere langsam an. Vorbei an Wohnblöcken aus den 60er Jahren, modernen Reiheneinfamilienhäusern (Typ Kaninchenstall) und Terrassenhäusern aus den 70er und 80er Jahren, folgt der Weg stetig der Strasse nach Nussbaumen. Ein kleiner Rebberg, mitten im Quartier, streckt trotzig seine braunen Äste der Sonne entgegen. Wir folgen der Strasse, lassen die letzten Häuserzeilen hinter uns und erblicken Nussbaumen.

Nussbaumen: kleiner Weiler mit grossem Fest

Nussbaumen ist schnell erreicht. Der kleine Weiler gefällt durch seine schön restaurierten Bauernhäuser. Beschaulich ist es hier. Mitten im Dorf lockt ein Bauern-Bio-Laden zum Einkauf. Getrocknete Apfelringe, Apfelsaft, Holunderblütensirup … Der Rucksack ist viel zu klein für alle Köstlichkeiten.

Nussbaumen, gehört politisch zur Stadt Bülach, ist schnell durchschritten. Kaum zu glauben, dass hier jedes Jahr an Auffahrt ein grosses Fest stattfindet – das Speicherfest. An diesen wenigen Tagen im Jahr verwandelt sich die Häuseransammlung in eine Festhütte. Tausende Besucher kommen von nah und fern und feiern gemeinsam. Der Kontrast zum Alltag könnte nicht grösser sein.

Petersboden: Aussichtsturm und »Höhepunkt«

Vom Weiler Nussbaumen steigt die Strasse weiter an. Mit 544,8 Metern über Meer wird der höchste Punkt der Wanderung erreicht und endlich knirscht Kies unter den Wanderschuhen. Für eine Weile ist nun “Ruhe” vor Asphalt. Gemütlich geht es nun in lockerem Auf- und Ab weiter. Die Spitze des Petersboden Aussichtsturmes kommt in Sicht. 127 Stufen führen auf die 25 Meter über dem Waldboden gelegene Plattform. Die Aussicht entschädigt für die vielen Treppenstufen. In der Ferne zu sehen sind Töss, Rhein, Jura, Schwarzwald, Lägern und vieles mehr. Panorama-Tafeln vermitteln Wissen in Geographie. Unser Ziel, Eglisau, liegt verborgen hinter Hügeln und Wäldern und entzieht sich der direkten Sicht. Am Fusse des Turmes ist ein Rastplatz mit Feuerstelle eingerichtet. Nach einem kurzen Halt ziehen wir weiter, hinein in den lichten Wald, mit gemächlichen Schritten dem Ziel zu.

Wagenbrechi und Samichlausbrüggli

Ein breiter Kiesweg führt durch den Wald, schnurgerade auf die Wagenbrechi zu. Einst ein gefürchteter Übergang zwischen Eglisau und Rorbas (daher auch der Name Wagenbrechi, weil hier öfters mal ein Wagen brach), heute eine normale Kantonsstrasse mit ein paar wenigen, aber tüchtigen Kurven. Lange Jahre mussten Wanderer die Strasse auf einem unübersichtlichen Fussgängerstreifen queren. Heute führt eine bequeme Brücke – das Samichlausbrüggli (eingeweiht am 6. Dezember 1995, Samichlaustag) – über die Strasse.

Nach der Brücke gabelt sich der Weg. Ein bekannter Wanderweg führt über etliche Stufen hinunter zur Tössegg, der Einmündung der Töss in den Rhein. Im Sommer locken Töss und Rhein zum erfrischenden Bad, das Restaurant in der Tössegg zur Rast. Von der Tösseg führen, als Alternative zu unserem Weg, beidseits des Rheines schöne Uferwege nach Eglisau.

Wir bleiben auf der Höhe und folgen dem Weg weiter in Richtung Tössriedern. Wer will, kann auch über den Rhinsberg nach Eglisau wandern. Zum Weiler Tössriedern geht es abwärts. Vorbei an einem einsamen Gehöft, mitten im Wald gelegen. Eine asphaltierte Strasse führt nun weiter abwärts. Immer wieder schön die Sicht auf den grün schimmernden Rhein. Dieses sprichwörtliche Schauspiel gibt es nur während der blätterfreien Zeit. Im Sommer ist nur blattgrün zu sehen, was auch seinen Reiz hat.

Tössriedern: Dorf am Ende der Sackgasse

Das Dorf Tössriedern ist schnell erreicht. Politisch zu Eglisau gehörend, liegt es verträumt am Ende einer Sackgasse. Schön ist die einmalige Lage oberhalb des Rheines. Ruhig ist es hier. Ein schönes Fleckchen Erde. Wer hier wohnt, hat bestimmt den Frieden gefunden. Allerdings gibt es in Tössriedern keinen Bahnhof, keinen Laden und so weit ich feststellen konnte, auch keinen Busanschluss. Der Frieden und die Ruhe haben auch Nachteile.

Immer entlang des Rheines zieht der Wanderweg seine Linie. Vorbei an Schafen und Hühnern streben wir Eglisau zu. Das malerische Städtchen kommt bald in Sicht, der Bahnhof ist nicht mehr fern. Wir queren hässliche Neubausiedlungen, unsere Nachfahren werden diese Bausünden verfluchen, und erreichen wieder einen Punkt der Entscheidung. Direkt zum Bahnhof, oberhalb des Städtchens gelegen, oder zuerst ins Städtchen für einen gemütlichen Stadtbummel?

Eglisau: Paradies mit Verkehrsproblem

Egal, wie Sie sich entscheiden, es kommt gut. Eglisau ist eine Besichtigung wert, das Städtchen hat viel von seinem alten Charme bewahrt. Die enge Altstadt ist sehenswert, leider an Wochenenden oftmals überlaufen. Horden von Touristen strömen im Sommer jeweils nach Eglisau und parken jeden Fleck zu. Wer Eglisau am Wochenende besuchen möchte, sollte zu Fuss oder per Bahn anreisen. Parkplätze sind stets Mangelware.

Unter der Woche gibt’s genügend Parkplätze, dafür immer Stau auf der Strasse. Morgens nach Zürich und abends in der Gegenrichtung. Sie wissen schon, die Pendlerströme. Eglisau und das folgende Rafzerfeld haben in den letzten Jahren ein grosses Bevölkerungswachstum mitgemacht. Ob das für die Region gut ist, sei dahingestellt. Ich jedenfalls finde die Neubausiedlungen beim Bahnhof Eglisau bedenklich, gesichtslos und eintönig. Ein Schlafdorfteil.

Aber machen Sie sich doch ein eigenes Bild. Wandern Sie von Bülach nach Eglisau und vergleichen Sie Überbauungen aus den 60er und 70er Jahren mit den Überbauungen der letzten Jahre. Geniessen sie die Aussicht vom Petersboden, den Wald und den Rhein. Und anderes. Viel Spass

Links:

SBB-Fahrplan:

SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
Bülach
Datum: 06.03.12
Zeit: Abfahrt
Ankunft

Bahnverkehrsinformation

Fotos von der Wanderung: