Ruhebänke mitten im Fluss

Kultur und Kraft: Von Turgi nach Wettingen

Es regnet. Wie so oft in diesem Frühling und Frühsommer. Bergtouren liegen bei diesem Hudelwetter nicht drinn, aber eine leichte Wanderung im Flachland ist problemlos machbar. Der Industriepfad im Wasserschloss Aargau passt perfekt. Flach, nicht so arg lang und in Etappen machbar. Zudem viel Industrie- und andere Kultur unterwegs, am Laufmeter sozusagen.


Region: Wasserschloss Aargau, Baden
Tour Datum: 12.06.2016
Wandern Schwierigkeit: T1 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte: » Turgi – Baden – Wettingen
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1070 Baden; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 3 – 4 Stunden
Aufstieg: ca. 50 Höhenmeter
Abstieg: ca. 50 Höhenmeter
Für Kinder: Viel Natur und flache Wege
Höhepunkte: Wasserkraftwerke, die Limmat selbst, viel Industrie-Kultur auf engstem Raum, Bäderquartier Baden, Thermalbank, Historisches Museum Baden
ÖV-Anbindung: Bahnhöfe Turgi, Baden und Wettingen

Turgi: Im Schatten des Vergangenen

In Turgi steige ich aus dem Zug und bemerke zuerst – nichts. Ein normaler, zu hunderten in der Schweiz vorkommender Bahnhof, normale Mittellandarchitektur. Bin ich im falschen Turgi? Wo ist die Kultur, wo die historischen Gebäude? Am anderen Ende der Unterführung halte ich mich rechts und folge dem Wegweiser Industriekultur. Eine grosse Infotafel klärt mich auf. Turgi war einmal. Vieles ist abgebrochen und weg. Die grosse Fabrik beim Bahnhof, die Bedeutung als erster Bahnknotenpunkt der Schweiz, der markante Bahnhof selbst und einiges mehr. Die alte Spinnerei unten am Fluss steht aber noch. Und dahin führt mein Weg.

Also zurück zum Hauptwegweiser und runter zum Fluss. Erste Gebäude aus der Zeit der Industrialisierung finden sich am Wegesrand. Eine gedeckte Holzbrücke quert den Fluss. Es braust, tosst und rauscht. Und dieses Geräusch der Wasserkraft wird uns bis Wettingen begleiten. Mal schwächer, mal stärker. Aber immer präsent. Wie auch der einsetztende Nieselregen.

Schiffmühle: Hier werden Schiffe gemahlen oder auch nicht

Der Weg folgt dem Flusslauf aufwärts. Schön anzusehen ist der Wassereinlauf des Kraftwerks in Turgi. Sein überlaufendes Bord bildet einen Wasserfall im Fluss. Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte man noch Sinn für Ästhetik. Kurz vor dem Kraftwerk Schiffmühle verlässt der Weg das Flussufer. Ein kurzes Stück durch ein Häuschen-Quartier auf Hartbelag folgt. Aus erhöhter Warte ist das Areal des Kraftwerks gut zu überblicken. Schiffe wurden hier übrigens nie gemahlen. Der Name bezieht sich auf eine spezielle Mühlen-Art, der Schiffmühle, welche im 16. Jahrhundert hier stand. Bei einer Schiffmühle befindet sich die Mühle auf einem Schiff und kann so bei Gefahr an Land gezogen werden. Interessante Idee.

Kappelerhof: Grundstein der BBC

Das nächste Kraftwerk folgt schon bald, das Kraftwerk Kappelerhof. Es beinhaltet ein kleines, sehenswertes Museum zur Geschichte des Kraftwerks (siehe: Wanderung: : Von Strom und Strömen. Ein Tippel durch Baden). Dieses Kraftwerk wurde seinerzeit von einer kleinen Badener Firma, der Brown Boveri & Cie, erstellt. Es war das erste Kraftwerk der BBC, ein erster Schritt zum Weltkonzern. Wer will kann hier die Limmatseite wechseln. Nach dem Kraftwerk gibt es einen hübschen Picknickplatz auf einer kleinen Insel. Etwas später kommen beide Wege wieder zusammen.

Ich bleibe und wandle an einem schönen Rastplatz, in den Fluss hinein gebaut, vorbei. Wäre bei trockenem Wetter sicher gemütlich. Unter der neuen Brücke hindurch, schreite ich Baden zu und quere den Fluss auf dem folgenden Fussgängersteg. Der Rastplatz mitten im Fluss ist hübsch anzusehen. Eine Weile verweile ich und lausche dem rauschen des Wassers, dem Gezänk der Wassservögel und dem leisen Plätschern des Regens.

Baden: Industrie, Badespass und eine Thermalbank

Der folgende Abschnitt des Weges ist voller Gegensätze. Zuerst das Industrieensemble Oederlin auf dem gegenüberliegenden Flussufer. Schwerindustrie, Giesserei und Kraftwerk. Schmutz, Dreck und Schwerarbeit. Ein paar Gehminuten später, auf des Weges Seite das alte Bäderquartier mit seinen vielen heissen Thermalquellen. Ein Quartier mit Geschichte bis zurück zu den Römern. Gesundheit und Wohlbefinden, Kur und Kultur auf engstem Raum. Gegenüber das Bäderquartier von Ennetbaden. Schön, haben einige der alten Hotels aus der Blütezeit bis heute überlebt. Architektonisch, meiner Meinung nach, viel schöner als die modernen Betonklötze.

Unbedingt Zeit für einen Bummel durch das alte Bäderquartier einplanen. Zumindest solange Mario Botta seine neue Überbauung noch nicht realisiert hat. Der Glanz vergangener Zeiten ist spürbar. An einem öffentlichen Brunnen kann das an Mineralien reichste Wasser der Schweiz gekostet werden.

Sehenswert ist auch die Limmatquelle. Auf dem Wanderweg, am Limmatufer, steht ein Glaszylinder und bietet Einblick in eine der vielen Quellen. Mit viel Druck kommt das gelbliche Wasser hoch. Immer wieder blubbert es in dem Gefäss. Aufsteigende Gase bilden die Blasen und der Geruch kommt vom Schwefel. Nicht gerade wohlriechend, aber gesund. Wer die Wirkung testen will, nutzt die Thermalbank. Eine Bank am Flussufer, mitten in einem Fussbecken plaziert. In dem Becken fliesst Thermalwasser, 47 Grad warm. Die Einladung zum Füsse baden, auch im Winter.

Kultur und Geschichte am Fluss

Der Promenadenweg am Limmatufer diente den Kurgästen zum Lustwandeln und verbindet das Bäderquartier mit der Altstadt von Baden. Vorbei am Glaslift, der das Flussufer mit dem ältesten Bahnhof der Schweiz verbindet, wandelt der Weg entlang historischer Bauten. Über die alte Holzbrücke quert der Weg erneut den Fluss. Auf der anderen Seite befindet sich das sehenswerte Historische Museum. Es bietet Einblicke in die spannende Geschichte der Stadt, inklusive Thermalbäder und Industrie. Ein lohnenswerter Unterbruch der Wanderung.

Die Kunst im Wald

Der abschliessende Abschnitt nach Wettingen ist vielseitig. Der Weg ein stetes auf und ab. Der Fluss mal nah, mal fern. Vorbei an mitten im Wald stehender Kunst geht es Wettingen zu. Eine markante Siedlung, ich vermute mal aus den 1970er Jahren, wird passiert. Ein regelrechter Kulturschock, nach all den schönen Bauten vergangener Jahrhunderte. Eine weitere Brücke und schliesslich der Schlussaufstieg zum Bahnhof Wettingen. Eine schöne Wanderung endet sportlich.

Links:

SBB-Fahrplan:

SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
Turgi
Datum: 13.06.16
Zeit: Abfahrt
Ankunft

Bahnverkehrsinformation

Fotos von der Wanderung: