Die Chärpfbrugg - Eine schöne Laune der Natur

Das älteste Wildschutzgebiet und UNESCO Welterbe

Es gurgelt, gluckst und plätschert. Dann rauscht und braust es, tropft und knallt. Dunkel und kühl ist es. Mitten unter der Chärpfbrugg, einem Naturschauspiel erster Klasse. Und das ist nur einer der vielen Höhepunkte auf der Wanderung vom Stausee Garichti nach Elm.

Region: Glarnerland, UNESCO Welterbe Sardona
Tour Datum: 10.08.2014
Wandern Schwierigkeit: T3 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte: » Chis – Stausee Garichti – Ober Staffel – Chärpfbrugg – Schwarzchöpf – Wildmadfurggeli – Ämpächli – Elm
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1174 Elm; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 4 1/2 Stunden
Aufstieg: ca. 680 Höhenmeter
Abstieg: ca. 780 Höhenmeter
Für Kinder: Tierwelt im Wildbanngebiet Chärpf, Spielplatz Seilbahnstation Unter Ämpächli
ÖV-Anbindung: SBB-Bahnhof Schwanden, Busstationen Kies und Elm

Schon das Wetter macht auf Spektakel. Düster und drohend sind die Wolken in Zürich, im Glarnerland tobt sich der Föhn aus und sorgt für Sonne und blauen Himmel. Aber auch für imposante und bedrohliche Wolkenberge, weit hinten in den Alpen. Die kleine Seilbahn schaukelt massenhaft Wanderer und Naturfreunde von Kies (Chis) hinauf zur Mettmenalp und dem Stausee Garichti. Der See ist wunderbar klar und birgt massenhaft Forellen, die Angler dem See entlang sind jedenfalls sehr zufrieden mit dem Fang.

Freiberg Chärpf

Die Wanderung quert das Wildbanngebiet Chärpf, eines der ältesten Wildschutzgebiete in Europa. Schon 1548 erkannte man die Notwendigkeit des Wildschutzes vor der Ausrottung. Allerdings gab es etliche Ausnahmen vom Jagdverbot, eine davon war der Brauch der Hochzeitsgämsen. Heiratete ein Glarner Paar zwischen Jakobi (25. Juli) und Martini (11. November), so hatte es Anrecht auf zwei Gemsen für die Hochzeitstafel. Offenbar heirateten die Glarner fleissig und so wurden 1792 alles Ausnahmebestimmungen abgeschafft.

Der Wildbestand erholte sich und heute können, mit etwas Glück, Gemsen beobachtet werden. Aber nicht nur Gemsen sind in diesem Gebiet heimisch, auch Murmeltiere, Steinadler und Bartgeier leben dort.

Geologie hautnah unter der Chärpfbrugg

Der Wanderweg steigt vom Stausee stetig an, ist aber gut ausgebaut und problemlos. Leises wandern sei empfohlen, dann erhöht sich die Chance Wildtiere zu entdecken. Mit jedem Schritt steigert sich zudem die Natur in ihrer grandiosen Pracht. Die das Tal umgebenden Berge, Alpen und schroffen Felswände sind atemberaubend.

Hinter der Alp Ober Stafel ist ein Loch in den Felsen zu erkennen. Thomas Widmer beschrieb das Loch als: »Tiefgarageneinfahrt, ungeschlacht, wie von einem Glarner Rübezahl gemauert«. Die Chärpfbrugg. Treffender kann man sie nicht beschreiben. Diese spektakuläre Naturbrücke macht Geologie erlebbar. Der gut 30 Meter lange Tunnel wurde durch den Bach geschaffen. Weicheres, jüngeres Gestein wurde weggewaschen, das alte Deckgestein blieb bestehen. Glarner Hauptüberschiebung* zum anfassen.

Bei Niedrigwasser kann der Tunnel durchquert werden. Es ist etwas rutschig in dem Tunnel, aber ich empfehle die Durchquerung unbedingt. Die optischen und akustischen Sinneseindrücke sind den Gang wert. Achtung: Gleich nach dem Tunnel rechts hinauf auf den Wanderweg. Ansonsten muss der Bach mit seinen sehr rutschigen Steinen gequert werden.

UNESCO Welterbe Tektonikarena Sardona

Der Weg steigt ab jetzt steiler an. Es geht hinauf zum Schwarzchöpf, bereits 2000 Meter über Meer. Rings herum einfach nur grandiose Aussicht. Ich mochte die Glarner Alpen schon immer, aber die Aussicht auf dieser Wanderung ist einfach grandios. Die gelbe Linie der Glarner Hauptüberschiebung* ist gut zu erkennen. Über mir kreisen Vögel weit oben im Himmel. Sind es Adler oder Bartgeier? Ich kann es nicht erkennen, sie sind zu weit weg. Am gegenüberliegenden Hang erkenne ich Gemsen. Wollen sie zur Leglerhütte? Murmeltiere höre ich zwar pfeifen, aber gesehen habe ich leider keines.

Einsamkeit des Steingartens Wildmadfurggeli

Der Weg führt über ein Plateau. Die Hinter Matt. Einfach schön hier. So einsam, so gewaltig die Natur. Mensch was bist du doch für eine kleine Kreatur. Ein letzter Aufstieg und es ist geschafft. Das »Wildmadfurggeli«, der höchste Punkt der Wanderung. Der Blick schweift über kleine Seen unterhalb, die hohen Berge auf der anderen Seite des Sernftales. Die bedrohlichen Wolken sind näher gerückt, aber noch hält der Föhn sie unter Kontrolle.

Brutaler Abstieg

Es geht abwärts und wie. Steil geht es hinab, der Abstieg geht brutal in die Knie. Bald kommen erste Zeugnisse der Zivilisation oder besser des Menschen Eroberung der Natur ins Blickfeld. Ein Skilift. Einsam steht er da und wartet auf den Winter. Bis zum Ämpbächli ist es nicht mehr weit. Ein interessantes Ziel übrigens. Beim Aufstieg Ämpbächli geschrieben, wie auch in der SwissTopo-Karte, lauten die Wegweiser nach dem Wildmadfurggeli auf Empbächli.

Egal, das Ziel ist klar und nicht mehr weit. Mit der Seilbahnstation Unteres Ämpächli erreiche ich nicht nur das Ende der Wanderung sondern auch den Lärm und die Hektik der Zivilisation. Aber eines ist klar. Glarnerland, ich komme wieder.

* Glarner Hauptüberschiebung:

Die Glarner Hauptüberschiebung ist als auffällige, gerade, oft gelbliche Linie an den Felswänden zu erkennen. Die Linie ist der Schnitt einer Fläche mit der Berg-Topographie, die sich domartig gewölbt durch die Berge zieht. Die “magische Linie” ist also in Wahrheit eine riesige Fläche. Diese Fläche steigt im Süden steil aus dem Rheintal hoch, erreicht unter dem Piz Sardona ihre Scheitelhöhe und senkt sich dann weniger steil gegen Norden ab – im Glarnerland ein letztes Mal sichtbar an der Lochsite am Eingang des Sernftals bei Schwanden/Sool.

250-300 Mio. Jahre alte Verrucanogesteine wurden über eine Distanz von mehr als 35 km auf viel jüngere Flyschgesteine (35-50 Mio. Jahre) oder Kalke (ca. 100 bis 150 Mio. Jahre) überschoben. Im nördlichen Teil des Welterbes (Sool, Weisstannental, Pizolgebiet) liegen bräunliche, verschieferte Flyschsteine unterhalb der Linie, im südlichen Bereich (Ringelspitz, Cassonsgrat, Piz Grisch) sind es hellgraue Kalksteine.

Bei der Kollision der Kontinentalplatten von Europa und Afrika begann die Bildung der Alpen. Dies geschah durch verfalten, stauchen und überschieben von Gesteinsschichten. Vor etwa 20-25 Mio. Jahren wurden 16 km unterhalb der Erdoberfläche alte Verrucanogesteine (250 -300 Mio. Jahre) über eine Distanz von mehr als 35 km auf jüngere Flyschgesteine (35-50 Mio. Jahre) überschoben. Es herrschten Drucke von bis zu 5 kbar und Temperaturen um die 320 °C. Der Überschiebungsprozess dauerte bei einer Geschwindigkeit von einigen Zentimetern pro Jahr mehrere Millionen Jahre. Durch die stetige Hebung und gleichzeitige Erosion des Gebirges ist die Überschiebungsfläche heute an der Erdoberfläche sichtbar.

Am Überschiebungskontakt liegt ein meist 1-2 Meter mächtiges Band aus Lochseitenkalk. In diesem Kalkband fand vermutlich die Hauptbewegung der Überschiebung statt.
Speziell an der Glarner Hauptüberschiebung ist, dass eine Decke mit einer Breite von 100 km und einer Länge von 50 km als Ganzes überschoben wurde und nicht in kleinere Bruchstücke zerfallen ist. Es wird angenommen, dass die Decke aufgrund der Anwesenheit des Lochseitenkalks, welcher die Reibung verminderte, nicht zerbrochen ist.
Quelle: www.unesco-sardona.ch

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SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
Schwanden GL
Datum: 11.08.14
Zeit: Abfahrt
Ankunft

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Fotos von der Wanderung: