Ein Baum, gefällt durch einen Biber

Mellingen – Bremgarten: Biber, Eisvögel und Vermicelles

Sie sind nicht zu übersehen. Die Frassspuren des Bibers. Überall liegen angenagte Bäume. Selbst kurz vor dem Wanderende in Bremgarten, wo die Reuss ziemlich schnell fliesst, finden sich angenagte Büsche und Bäume. Der Biber kommt gegen diese Strömung an? Meine Hochachtung ist dem Nagetier gewiss. Doch nicht nur dem Nagetier. Die ganze Wanderung verdient das Prädikat Hochgenuss. Doch von vorne.


Region: Mellingen, Bremgarten
Tour Datum: 19.01.2014
Wandern Schwierigkeit: T1 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte: » Station Heitersberg – Mellingen – Gnadenthal – Eggetli – Bremgarten
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1090 Wohlen; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 4 Stunden
Aufstieg: ca. 30 Höhenmeter
Abstieg: ca. 40 Höhenmeter
Für Kinder: Tierbeobachtungen dem Fluss entlang, Bahnfahrt mit der Bremgarten-Dietikon-Bahn, im Sommer Bade- und Sandburgenplausch an der Reuss. Achtung: die Strömung ist stark!
ÖV-Anbindung: SBB-Bahnhof Mellingen-Heitersberg, WBDM-Bahnhof Bremgarten Obertor

Mellingen – Stadt der Kyburger

Gestartet wird oberhalb von Mellingen, am Bahnhof Heitersberg. Der Himmel ist Grau, der Hochnebel hängt tief. Die Hügelspitzen um Mellingen sind im wabernden Grau nicht mehr auszumachen. Wir lassen den Bahnhof und die garstige Aussicht rechts liegen und folgen dem gut markierten Wanderweg in die mittelalterliche Stadt an der Reuss. Mellingen ist alemannischen Ursprungs, die heutige Stadt allerdings eine Gründung der Kyburger. Die Kyburger Siedlung ersetzte das alemannische Dorf.
Vom Flussuferweg hat man eine gute Sicht auf die Altstadt und den Brückenkopf. Das dunkle Blau des Flusses kontrastiert mit dem Grau des Himmels, die farbigen Häuser bringen Leben in das Bild. Historisch interessierten Wanderern sei ein Bummel durch die Altstadt empfohlen.

Dem Fluss aufwärts verlassen wir Mellingen und ziehen zügigen Schrittes Bremgarten zu. Die Reuss zieht ordentlich schnell. Doch die Wasservögel scheint das nicht zu stören. Sie geniessen die winterliche Ruhe auf dem Fluss und paddeln scheinbar gemütlich den Fluss hinauf. Im Sommer soll es hier von Kanu- und Gummiboot-Kapitänen nur so wimmeln. Doch jetzt herrschen Ruhe und Stille. Auch auf dem Wanderweg sind wir lange Zeit alleine unterwegs. Eigentlich ganz schön, so eine Winterwanderung. Trotz Nebel und Temperaturen um den Gefrierpunkt.

Eisvogel-Paradies

Der Weg folgt stetig dem Flussverlauf, erlaubt sich hin und wieder kleinere Umwege. Mal geht man direkt neben dem Fluss, mal erhaben oberhalb. Im Winter erlauben die laubfreien Bäume einen grandiosen Durchblick auf die steilen Abhänge und den Fluss. In diesen Hängen sollen Eisvögel nisten, hat man uns gesagt. Gesehen haben wir leider keinen. Der ganze Abschnitt bis Fischbach-Göslikon ist prädestiniert für die seltenen Vögel. Ihr bevorzugter Lebensraum umfasst steile Abhänge, umgestürzte Bäume, dichte Gehölze und einen Fluss. All das ist hier zu finden. Das hiesige Naturschutzgebiet ist ein Paradies für Eisvögel und andere Lebewesen.
Die Kanufahrer auf dem Fluss sind wohl auch Eisvögel. Wehe dem, der ins Wasser fällt. Dafür müssen sie den Fluss nur mit Wasservögeln und ein paar einsamen Fischern teilen.

Gnadenthal – Brücke & Kloster

Eine Brücke kommt in Sicht. Und ein grosses Gebäude – das Kloster Gnadenthal. Mitte des 13. Jahrhunderts als Zisterzienser-Kloster gegründet ist es heute ein Alterspflegeheim. Die Ruhebänke vor dem Kloster sind einladend für eine Ruhepause. Wir rasten und beobachten die Fischer am Ufer. Gefangen haben sie während unserer Rast nichts. Gesprochen auch nichts. Passend, wie früher die Nonnen im Kloster.

Wer vor dem Kloster rastet, muss allerdings wieder zurück auf die andere Seite des Flusses. Nur dort führt der Uferweg weiter. Und das sei jedem empfohlen. Vorbei an einem Stuhl in einem Baum, gelegen an einem wunderbaren Badeplatz, führt der Uferweg weg vom Kloster in die Wildnis der Flussauen. Ist das jetzt ein Baumstuhl oder ein Stuhlbaum?
Ab jetzt wird es kurvig. Die Reuss darf hier ungehindert mäandern. Altläufe und Schwemmgebiete, sogenannte Auen sind in den vergangenen Jahren wieder erstellt worden und werden vom Wanderweg durchquert. Ein wunderbares Stück Weg. Weicher Untergrund, schöne Sicht auf Fluss und den Lebensraum Aue. Gesäumt von Sandbänken, die im Sommer zum Bade verleiten und unzähligen Feuerstellen, ist entlang des Weges auch für Leib und Seele gesorgt.

Bremgarten – das Bijou an der Reuss

Viel zu schnell erreichen wir Bremgarten. Das auf drei Seiten von der Reuss umflossene Städtchen hat, wie Mellingen, eine sehenswerte Altstadt aus dem Mittelalter. Bremgarten wurde im 11. Jahrhundert gegründet und entwickelte sich unter Habsburger Herrschaft schnell zur Stadt. Die Altstadt gilt als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Heute ist Bremgarten bekannt für seine vier Jahrmärkte, besonders bekannt ist der »Christchindlimärt« in der Adventszeit und als Ausbildungsstandort der Schweizer Armee. Ich selbst habe 15 lange Wochen in Bremgarten verbracht. Das Ortsbild hat sich seit damals aber massiv verändert. Vor allem oberhalb der Altstadt wurde, meines Erachtens, sinnfrei geklotzt. Wie fast überall im Mittelland wird auch hier die letzte grüne Wiese zubetoniert.

Doch als wandernder Genussmensch erreicht man zum Glück zuerst die Altstadt. Der Wandel von Natur zur Zivilisationssünde wird dadurch gemildert. In der Altstadt empfehlen sich etliche Cafés und Restaurants für eine Stärkung. Wir wählten für den abschliessenden Umtrunk das, unterhalb des Bahnhofs am Flussufer liegende, Bijou. Ein würdiger Abschluss für diesen Hochgenuss. Und bei der abschliessenden Bahnfahrt über den Mutschellen können sich die müden Füsse wieder erholen.

Links:

SBB-Fahrplan:

SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
Mellingen Heitersberg
Datum: 24.01.14
Zeit: Abfahrt
Ankunft

Bahnverkehrsinformation

Fotos von der Wanderung: