Weg der Schweiz Grenzstein

Kolumne: Der unsichtbare Weg der Schweiz

1991 war ein Jubeljahr für die Eidgenossenschaft. 700 Jahre zuvor wurde auf der Rütliwiese der bekannte Schwur geschworen, im Laufe der Jahrhunderte entstand die heutige Schweiz daraus. In jenem Jahr wurde viel gefeiert und die Schweiz beschenke sich selbst. Mit einem Wanderweg, der die Grösse der Kantone und ihrer Einwohner zeigen sollte. Einem Weg in jener Gegend, wo geschworen wurde und der sagenhafte Tell dem Gessler den Meister zeigte. Aber wo ist er heute? Jüngst war ich unterwegs auf jenem, vor mehr als 20 Jahren erstellten Weg. Der Weg ist bekannt, viele haben Teile oder den ganzen Weg erwandert. Auch meine Kinder, der Geschichte unseres Landes durchaus wohlgesonnen, sollten ihn kennenlernen. Aber wo ist er denn? Er findet gar nicht statt, der Weg der Schweiz. Er ist unsichtbar.

In Brunnen ist er präsent. Parkplatz für den Weg der Schweiz, Weg der Schweiz Broschüren vor dem Tourismusbüro, Weg der Schweiz Wanderweg-Karten und -Bücher im Souvenirshop. Auch in Treib ist er vorhanden. Standseilbahn nach Seelisberg, zum Weg der Schweiz, steht da. Doch auf dem Weg, der eigentlichen Sache ist – nichts. Kein Hinweis, kein spezieller Wegweiser, keine Tafel – gar nichts. Der Weg besteht aus Teilstücken, die jeweils einen Kanton repräsentieren. Markiert sind sie nur durch fast nicht sichtbare Grenzsteine, eingelassen in den Wanderweg. Einen habe ich zwar gesehen, bin aber nicht auf die Idee gekommen, dass er zum Weg gehören könnte. Ebenso übersehen wird auch die Signalisation. Der Weg der Schweiz ist neu die nationale Wanderroute 99. Ist ja schön und gut, aber wer hat, Kenntnis davon? Das 99 Täfelchen habe ich schon bemerkt, aber diese nationalen Nummern Tafeln hat es inzwischen in derart grosser Anzahl, sie wachsen beinnahe inflationär, ich übersehe sie schlicht.

Also liebe Verantwortliche. Ich will auf gar keinen Fall, dass ihr den Weg der Schweiz überkommerzialisiert. Er braucht keine Hängebrücken und keine Hüpfburgen oder sonst so »tolle« Attraktionen. Aber schön wären ein paar wenige Hinweistafeln mit Hintergrundinformationen zur Geschichte. Am schönsten immer beim »Grenzübertritt«, mit Informationen zum nun betretenen Kanton. Ansonsten wird der Weg der Schweiz das bleiben, was er im Moment ist. Ein einfacher Wanderweg und in Teilstücken nicht mal ein besonders schöner.

Herzlichst Ihr nachdenklicher

Gregor A. Ambühl

PS: Beim Suchen nach einem guten Bild habe ich den offiziellen Grenzstein entdeckt (Foto oben). Gesehen habe ich auf meiner Reise, immerhin durch vier Kantone, keinen derartigen. Wo sind sie hin?

2 Gedanken zu „Kolumne: Der unsichtbare Weg der Schweiz“

  1. Die Eindrücke kann ich leider bestätigen. Ausser dem feudalen öffentlichen WC in Bauen gibt’s auf diesem Wegabschnitt nur nostalgische und zusammenhangslose Fragmente. Tipp für Abenteuerlustige: eine Fahrt mit der Gondelbahn Seelisberg Brunni – Alp Weid (oben hat’s eine Beiz).

  2. Vielen Dank für den Tipp, die Seilbahn werden wir gerne ausprobieren.

    Zum “Weg der Schweiz” haben mich einige Zuschriften erreicht. Offenbar soll der schönste Teil auf der anderen Seeseite, von Flüelen in Richtung Bauen sein. Und dort sollen auch noch Info-Tafeln und Grenzsteine sichtbar sein.

    Wir werden das gerne prüfen.

Kommentare sind geschlossen.