Der Bergfried und Glockenturm der Ruine Jörgenberg

Breil – Rueun: Golf, Ruinen und ein Galgen

Auf der Suche nach etwas Sonne verschlug es uns ins Bündnerland, genauer in die Surselva. Das Gebiet mit romanischer Sprachhoheit hat viel zu bieten. Bekannt ist die Surselva als Wintersport-Gebiet. Obersaxen, Disentis und Breil/Brigels sind geläufige Ski-Destinationen. Ausserhalb der Skisaison gibt es in der Gegend viel zu entdecken. Burgruinen im Multipack beispielsweise und einen Galgen. Zwei Ruinen und den Galgen haben wir an einem schönen Herbsttag begangen.


Region: Surselva, Oberalppass
Tour Datum: 09.10.2013
Wandern Schwierigkeit: T1 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala)
Wegpunkte: » Breil/Brigels – Tschuppina – Plaun Datschina – Ruine Kropfenstein – Waltensburg/Vuorz – Munt Sogn Gieri – Ruine Jörgenberg – Station Rueun
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1213 Trun; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 3 – 4 Stunden (je nach Aufenthalt in den Ruinen
Aufstieg: ca. 50 Höhenmeter
Abstieg: ca. 600 Höhenmeter
Für Kinder: Ruinen Kropfenstein und Jörgenberg, Bahnfahrt durch die Rheinschlucht
ÖV-Anbindung: RHB Bahnhöfe Tavanasa und Rueun, PTT-Bushaltestelle Breil/Brigels Posta

Anfahrt mit Entschleunigung

Breil/Brigels, unser Ausgangspunkt, ist mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen. Die Anreise ist grosses Reisekino, braucht aber viel Zeit. Wir, S-Bahn-Taktfahrplan gewohnte Bewohner der Zürcher Agglomeration, müssen uns zuerst an den langsameren Takt des öffentlichen Verkehrs im Bündnerland gewöhnen. Mit dem Intercity erreicht man Chur bequem in etwas mehr als einer Stunde ab Zürich. Für das Umsteigen in die roten Züge der Rhätischen Bahn hat man entweder viel Zeit oder praktisch gar keine. Die Fahrpläne sind sehr schlecht abgestimmt. In unserem Fall hatten wir 20 Minuten Zeit zum Umsteigen. Wer wandert, sollte es sowieso nicht eilig haben: Vorbereitete Väter haben stets Jasskarten zur kurzweiligen Unterhaltung und Überbrückung von Wartezeiten im Rucksack.

Der bequeme Schmalspurzug der Rhätischen Bahn zuckelt los und folgt dem Verlauf des Rheines aufwärts. Ab Reichenau ändert sich die Landschaft vor den grossen Fenstern schlagartig. Dominierten vorher noch Gross-Industrie und die Weite des Tales, so rücken die Felswände jetzt eng an das Trassee. Was nun folgt, ist schlicht und einfach grossartig. Die Rheinschlucht beeindruckt immer wieder aufs Neue. Ob per Bahn oder zu Fuss (geplant…), die Rheinschlucht darf durchaus als »Grand-Canyon« der Schweiz betitelt werden.

Bus ohne Takt

In Tavanasa steigen wir um aufs Postauto. Aber auch der Bus hinauf nach Breil/Brigels hat einen merkwürdigen Taktplan. Er passt weder auf unseren Zug, noch auf den nächsten. Man muss warten. Leider ist die Station Tavanasa nicht gerade einladend. Es gibt zwar einen muffigen Wartesaal, aber keine Toilette. Wer nicht warten will, kann auch schon in Tavanasa loswandern. Der Bus erspart allerdings eine gute Stunde Marsch und etwas mehr als 500 Höhenmeter.

Bei der Post steigen wir aus. Nebel und leichter Nieselregen. Wo bleibt die Sonne? Wir folgen dem signalisierten Weg in Richtung Tschuppina. Ausgangs Breil wählten wir den zweiten Weg nach links. Aber eigentlich ist es egal, welchen man nimmt, es führen alle zum Ziel. Unser Weg verlässt den Asphalt und steigt leicht an. Unten ist der Lag da Breil schön zu sehen. Im Sommer sicher ein verlockender Badesee, jetzt verlassen und einsam. Wir und unser Weg werden vom Wald verschluckt.

Mittagsrast mit Golf-Turnier

Die graue Watte um uns dämpft alle Geräusche, der Wald speichert die Feuchtigkeit des Nebels. Man spürt irgendwie den vergangenen Sommer und das Warten der Natur auf den Winter. Vorbei an einem militärischen Übungsgelände streben wir vorwärts. Als uns der Wald wieder ausspuckt, stehen wir am Rande eines Golfplatzes. Eine einladende Bank lockt zur Rast. Wir geniessen unseren Rucksack-Lunch, während vor uns die Golfer ein Turnier spielen.

Die Sonne blinzelt durch die Wolken, doch sie ziert sich noch. Am Wegrand wachsen Pilze, grosse rote. Schade, leider kenne ich diese Sorte nicht. Aber den Pilz etwas weiter vorne. Den roten Kerl mit den weissen Punkten. Den kennen wir alle. Der berühmte Fliegenpilz. Ein schöner Anblick. Wieder verschluckt uns der Wald. In einem grossen Bogen umgehen wir den Flanz, einen kleinen Bergspitz und streben unserem ersten Höhepunkt zu, der Ruine Kropfenstein.

Kropfenstein, die Ruine in der Felswand

Aus dem dichten Wald hinaus, direkt auf eine ebene Fläche führt der Wanderweg. Vom Rand der Fläche öffnet sich der Blick weit über das Tal. Rueun, unser Tagesziel ist in Sicht, die Ruine Kropfenstein nicht. Wir wandern deshalb weiter und nach wenigen Metern weist eine braune Tafel nach links. Der Weg zur Ruine ist steil und am Ende ausgesetzt. An dieser Stelle müssen Kinder beaufsichtigt werden, nicht trittsichere Kinder unbedingt sichern.

Ein altes Eisengeländer schirmt den schmalen Weg etwas ab. Der Pfad windet sich um einen Felsen herum und schon steht man in der alten Burg. Viel ist nicht mehr übrig. Nur noch die Aussenmauern stehen, die ehemaligen Stockwerke sind schon lange eingestürzt. Trotzdem ist die Ruine sehenswert. Staunen über die Kunst der Baumeister ist angebracht. Und über die einmalige Lage.

Waltensburg, das lange Dorf

Zurück auf dem eigentlichen Wanderweg streben wir schnellen Schrittes auf Waltensburg zu. Der Weg ist ein gutes Stück nicht mehr beschildert, aber wer sich einfach geradeaus hält (ostwärts), läuft nicht falsch. Wir queren das Dorf Waltensburg/Vuorz der Länge nach. Hübsche Häuser stehen am Strassenrand, oftmals mit schönen Wandmalereien. Vorbei an der Kirche, immer noch geradeaus. Das Dorf ist lang gezogen, der Weg zieht sich. Ein paar Gasthäuser locken zur Rast. Schliesslich verlässt der Wanderweg, jetzt wieder beschildert, die Strasse. Die nächsten Wegpunkte, der Galgen und die Ruine Jörgenberg sind in Reichweite. Vorbei an Ferienhäusern verlassen wir das Dorf und streben dem Wald zu.

Der Galgen

Ein Wegweiser führt uns auf den Pfad zum Munt Sogn Gieri, dem Richtplatz. Vom alten Galgen stehen noch die beiden Pfeiler. Sie erinnern an den Hexenwahn im 17. Jahrhundert. 1652 wurden in Waltensburg die ersten Prozesse durchgeführt, 1718 die letzte »Hexe« verurteilt. Insgesamt wurden 12 Personen hingerichtet und zwei verbannt. Fünf Personen wurden freigesprochen.

Vom Galgen aus ist die nächste Ruine, die Ruine Jörgenberg, bereits sichtbar. Die Kinder »brennen« auf die Burg und schnell verlassen wir die gruselige Stätte.

Die Ruine Jörgenberg

Die Ruine ist eine der eindrücklichsten in der Surselva. Die Überreste der Trutzburg sind immer noch gewaltig, markant der weithin sichtbare Bergfried und der Glockenturm der alten Burgkapelle. Überall gibt es etwas zu entdecken, und in den Mauern kann man perfekt Verstecken spielen. Eine Grillstelle lockt zur gemütlichen Rast.

Der Abstieg zum Bahnhof Rueun führt zunächst ein Stück zurück. Dann geht es steil abwärts, dem Talgrund zu. Dieser ist schnell erreicht und bis zum Bahnhof ist es nur noch ein Katzensprung. Rueun ist eine Station mit »Halt auf Verlangen«. Um den Zug zu stoppen, muss rechtzeitig, etwa fünf Minuten vor dem Eintreffen, ein Halte-Knopf gedrückt werden. Dann springt das Signal auf Rot und der Zug hält.

Noch einmal schweift der Blick zurück zur oben im Wald liegenden Burgruine, dann steigen wir den Zug und fahren zurück ins Unterland. Uns hat es gefallen, wir kommen wieder.

Links:

SBB-Fahrplan:

SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
Breil/Brigels, posta
Datum: 25.11.13
Zeit: Abfahrt
Ankunft

Bahnverkehrsinformation

Fotos von der Wanderung: