Windpark Mont Croisin

Berner Jura: Sonne, Wind und Natur(-Freunde). Vom Mont Soleil nach Tramelan

“Funiculaire” heisst Standseilbahn auf Französisch. “Funisolaire” wird die Standseilbahn auf den Mont Soleil genant. “Soleil, solaire”, beide Wörter beinhalten das Wort Sonne und die wünscht sich jedes beschwingte Wanderherz. Und sie schien an jenem Februar-Sonntag den ganzen Tag. Für meine im Engadin lustwandernden und schlittelnden Kinder, mich und mein auf eine Begleitperson reduziertes Tippelgrüpplein im Berner Jura. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Die gastfreundlichen Einheimischen taten das ihre dazu.


Region: Berner Jura, Jura, Montagne du Droit, Vallon de Saint-Imier,
Tour Datum: 13.02.2011
Wandern Schwierigkeit: T1 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala )
Wegpunkte: » St-Imier, Mont Soleil, Mont Crosin, Chalet Neuf, Bise de Cortébert, Tramelan
Karten: Landeskarte 1:25 000, Blatt 1124 Les Bois; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte
Zeitbedarf: ca. 4 Stunden (Marschzeit)
Aufstieg: ca. 150 Höhenmeter
Abstieg: ca. 374 Höhenmeter
Für Kinder: “Funisolaire”, Energie-Erlebnispfad, Windturbinen, Spielplatz auf dem Mont Crosin, unzählige Grillstellen, Jura-Bahn
Restaurants: Vert-Bois, Chalet Neuf, Naturfreunde-Haus “La Flore”, Bise de Cortébert, Bahnhofbuvet Tramelan
ÖV-Anbindung: SBB-Bahnhof St-Imier, CJ-Bahnhof Tramelan
GPS-Track: sonne_wind_natur_1302211.kmz (Google-Earth-Format)

Bequem der Sonne entgegen

Das “Funisolaire” liegt etwas versteckt oberhalb von St-Imier und befördert den Reisenden innert vier Minuten 351 Höhenmeter hinauf. Vom Bahnhof her kommend einfach den gelben Wegweisern, St-Imier querend, folgen. Achtung, wenn auf dem Wegweiser das “Funi” nicht mehr angeschrieben ist, der Strasse nach links folgen. Die Seilbahn funktioniert vollautomatisch. Ticket am Automaten lösen, einsteigen und auf die Abfahrt warten. Mit 39 bis 60 Prozent Steigung geht es steil aufwärts. Von der Bergstation bis auf den Gipfel und zum Forschungs-Sonnenkraftwerk sind es noch gute 10 Minuten Fussweg.

Die Wanderung bis zum Nachbargipfel des Mont Crosins ist energiegeladen, im Sinne des Wortes. Windturbinen begleiten den Wegabschreitenden die nächsten anderthalb Stunden. Die beiden unseren Weg krönenden Gipfel Mont Soleil und Mont Crosin gehören geologisch zum Faltenjura. Da mein Hausberg, die Lägern, ein Jura-Ausläufer ist, bin also so gut wie zu Hause. Jedenfalls geologisch gesehen. Faktisch sind es zwei Bahnstunden. Während unserer Wanderung passieren wir, ohne es zu wissen, eine Besonderheit. Die oder der (so genau konnte ich das nicht eruiren) “Champ Meusel”. Diese fast kreisrunde Vertiefung im steilen Südhang des Mont Soleil ist nicht durch Erosion entstanden, sondern die Folge eines Meteoriten-Einschlages in grauer Vorzeit. Der Krater gilt als grösstes erhaltenes Zeugnis eines Meteoriteneinschlags in der Schweiz. Vom Weg aus ist nur Wald zu sehen. Erst der Blick auf die Karte macht die Besonderheit sichtbar.

Wandern, Therapie und Energiegewinnung

Der Weg hinüber zum Mont Crosin ist ruhig und angenehm. Wir folgen dem empfehlenswerten Erlebnispfad, welcher selbst ein Teil der regionalen Route 91 (Chemin du Jura bernoise) ist. Der Pfad mit elf Stationen informiert über alternative Energiegewinnung, Flora und Fauna auf dem Hochplateau und die Besonderheiten der Landschaft. Die Informationen sind verständlich und auch für Kinder interessant aufbereitet. Es gibt viel zu entdecken und zu lernen. Der Karst-Untergrund wird eindrücklich erklärt, und nach dem Studium der Tafeln erkennt auch der Laie eine Doline im Gelände.

Die Landschaft ist eine Therapie für die Reiz überfluteten Sinne des Mittelländers. Eine weite Ebene, wenig Vegetation und hin und wieder ein markanter Baum oder eine Windturbine als Blickfang. Tannenwälder als Abgrenzung der Weide. Erholsam. Balsam für Sinne und Seele. Ein Genuss ist auch die Ruhe. Nur der Wind und die singenden Geräusche der Windturbinen sind ein ständiger Begleiter. Menschen sind selten zu sehen, Begegnungen eine höchst willkommene Abwechslung. Eine Abwechslung ist immer auch eine Rast. Wer einen vor dem Wind geschützten Ort vorzieht, sollte im Sommer hier wandern, dann geben Bäume zumindest etwas Windschutz oder eines der vielen Gasthäuser unterwegs ansteuern. Achtung, etliche der Gasthäuser hier oben sind wie Besenbeizen geführt und nicht immer offen. Rastplätze mit Wind gibt es auf dem Abschnitt bis zum Mont Crosin etliche. Mit Spielplatz, ohne Spielplatz dafür mit Feuerstelle, ohne Feuerstelle – wer die Wahl hat…

Auf dem Mont Crosin, am Ende des Erlebnispfades angelangt, lockt das Restaurant und Hotel “Vert-Bois” zur Einkehr. Wer nicht weiter mag, kann hier den Bus retour nach St-Imier besteigen und die Tour abschliessen. Wer noch überschüssige Energie in sich trägt, dem sei der weitere Weg nach Tramelan empfohlen. Leider zuerst der Strasse entlang auf die Passhöhe des “Col du Mont Crosin”. Von dort durch eine zauberhafte Jura-Landschaft weiter. Die Windturbinen werden weniger und der Wald dichter. Das Gestrüpp wächst bereits in den Weg hinein, offenbar wird dieser Weg nicht sehr oft begangen.

Verzauberter Jura – Zeit ist Nebensache, Sprachgrenzen werden überwunden

Irgendwann, Zeit ist hier eine Nebensache, spuckt der Wald uns wieder aus und eine Hochebene mit weiten Weiden und sanften Anhebungen nimmt uns auf. Vorbei am “Chalet Neuf”, eine weitere Einkehrmöglichkeit, führt der Weg ohne Umwege vorwärts. Die Lust auf einen heissen Kaffee lockt uns in ein Naturfreunde-Haus. Samstags und sonntags offen für jedermann, entnehme ich der französischen Tafel. Klingt nett. Und es war äusserst nett. Wir waren herzlichst willkommen, trotz total verdreckten Schuhen und schlechtem Französisch. Wir platzen in eine Familienfeier und wurden mit selbst gebranntem Apfel-Schnaps, selbst gebackenem Kuchen und natürlich dem gewünschten Kaffee bewirtet. Sprachgrenzen, Röstigraben – nicht vorhanden. Die Stimmung war ausgelassen, wir wollten nicht weiter. Mein geduldiger alter Französisch-Lehrer möge mir verzeihen, dass ich die Sprache in den letzten Jahren nicht pflegte und dadurch verlernte. Ich gelobe feierlich Besserung und wenn auch nur um hier irgendwann nochmals einzukehren und diesen freundlichen Menschen für Ihre Gastfreundschaft zu danken.

Der Verlauf des folgenden Weges führt zunächst durch karges, wildes Weideland. Man wähnt sich irgendwo in den Schottischen Highlands. Unsere Schatten werden länger, die Luft merklich kühler. Es ist halt nicht Frühling sondern immer noch Winter. Doch weit ist es nicht mehr. Der gelbe Wegweiser beim Restaurant “Bise de Cortébert” gibt noch 45 Minuten bis zum Ziel an. 274 Höhenmeter trennen uns von Tramelan. Durch einen dichten Wald, vorbei an einem eifrig wachenden Hund (in weiter Ferne), geht es stetig abwärts. Das letzte Stück Weg im Wald ist steil, doch nur von kurzer Distanz. Tramelan kommt in Sicht und der Bahnhof ist nur noch ein paar Fussschritte entfernt. Dort erwartet den durstigen Wanderer ein kleines Bistro. Welche Wohltat.

Fazit: Der Jura hat einen Freund gewonnen.

Ich komme wieder, dann mit den Kindern. Und ich will sie entdecken – diese Region da links auf der Schweizerkarte. Ich schliesse meinen Bericht mit einem Zitat von Theodor Heuss (1. Bundespräsident der BRD), aus der Tagessprüche-Box meiner Mit-Tipplerin: “Der Sinn des Reisens ist, an ein Ziel zu kommen. Der Sinn des Wanderns, unterwegs zu sein.” Unglaublich passend zu diesem Tag.

Links:

SBB-Fahrplan:

SBB|CFF|FFS

Fahrplan


Nach:
St-Imier
Datum: 23.01.12
Zeit: Abfahrt
Ankunft

Bahnverkehrsinformation

Fotos von der Wanderung: